Erlesene Links vom 15. Juli 2013

Unter «erlesene Links» sammelt und verlinkt das kritikasterblog lesenswerte Beiträge aller Art. Heute mit Boris Kartheuser mit einer Viedoanleitung über E-Mailverschlüsselung mit OpenPGP.

Videoanleitung über E-Mailverschlüsselung mit OpenPGP

Boris Kartheuser von «Investigative Recherche» erklärt in einem rund 20-minütigen Video die Installation und die Einrichtung der E-Mailverschlüsselungssoftware OpenPGP mit Enigmail unter Thunderbird.

Erlesene Links vom 10. Januar 2013

Unter «erlesene Links» sammelt und verlinkt das kritikasterblog lesenswerte Beiträge aller Art. Heute mit JSTOR «Register & Read».

JSTOR öffnet sich auch für Privatnutzer – ein bisschen.

Mit dem «Register & Read»-Programm ermöglicht JSTOR nun auch Privatnutzern den Zugriff auf Teile seines riesigen Fachzeitschriften-Archivs (YouTube-Einführung): Wer über einen (kostenlosen) MyJSTOR-Account verfügt, hat Zugriff auf rund 1.200 wissenschaftliche Zeitschriften diverser Fachrichtungen (Zusammenstellung der verfügbaren Zeitschriftentitel) . Ein paar Einschränkungen gibt es allerdings: So haben «Register & Read»-Nutzer keinen Zugriff auf die Ausgaben der letzten drei bis fünf Jahre, können nur drei Artikel pro zwei Wochen lesen und die Artikel sind «read-only», d.h. es gibt keine Download-Möglichkeit. Aber immerhin ein Trippelschrittchen Richtung open access.

Paying for What Was Free: Lessons from the New York Times Paywall

In einer Longitudinalstudie untersuchten Cook und Attari {2012} die psychologische Wirkungen und die Reaktionen der User auf die Einführung der Paywall der New York Times. Die Resultate werden den Verfechtern des bezahlten Online-Journalismus wie z.B. die Schaffhauser Nachrichten oder die NZZ (die mit ihrer «metered paywall» ja dem Vorbild der New York Times nacheifert) wohl eher nicht gefallen. Aus dem Abstract der Studie:

Participants were surveyed shortly after the paywall was announced and again 11 weeks after it was implemented to understand how they would react and adapt to this change. Most readers planned not to pay and ultimately did not. Instead, they devalued the newspaper, visited its Web site less frequently, and used loopholes, particularly those who thought the paywall would lead to inequality. {Cook und Attari, 2012, 1}

Gemäss Cook und Attari {2012, 4} waren es insbesondere junge und häufige Nutzer, die sich die Lücken in der Paywall zu Nutze gemacht haben – unter diesem Gesichtspunkt ist die Tatsache, dass die Paywall der NZZ mit abgeschaltetem Java-Script nicht greift, wohl eher als feature denn als bug zu werten. Aber gemäss der Studie gibt es doch noch Hoffnung für die arg gebeutelten Verleger:

Results of an experimental justification manipulation revealed that framing the paywall in terms of financial necessity moderately increased support and willingness to pay. Framing the paywall in terms of a profit motive proved to be a noncompelling justification, sharply decreasing both support and willingness to pay. Results suggest that people react negatively to paying for previously free content, but change can be facilitated with compelling justifications that emphasize fairness.» {Cook und Attari, 2012, 1}

Quellenverzeichnis

Cook , J. E. und S. Z. Attari. (2012). Paying for What Was Free: Lessons from the New York Times Paywall. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking, 15(12), S. 1–6. Abgerufen am 5. November 2012 von http://online.liebertpub.com/doi/pdfplus/10.1089/cyber.2012.0251. Zurück zum Text

Name ist Schall und Rauch – Anonymität im Internet (I)

In den Kommentaren zur Seite «Über kritikasterblog» hat Christian Erne, Blogger bei Verfaulte Geschichten, darum gebeten, Transparenz auch bezüglich des Bloggers herzustellen.

Das kritikasterblog allerdings wird anonym (genauer gesagt: pseudonym) bleiben. Im folgenden wird dargelegt, welche Gründe zu dieser Entscheidung führten.

Anonymität ist ein Grundrecht

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Anonymität grundrechtlich geschützt ist, nämlich als Teilgehalt des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, welches seinerseits Teilgehalt des Rechts auf persönliche Freiheit nach BV 10 und des Rechts auf Privatsphäre nach BV 13 ist {Rudin, 2007, 24 ff.}. Aus diesem Grund ist nicht die Ausübung des Anspruchs auf Anonymität, sondern dessen Einschränkung – die Offenlegung der Identität – rechtfertigungsbedürftig {Rudin, 2008, 7}.

Zur Rechtfertigung der Abschaffung der Anonymität im Internet führen deren Befürworter die Argumente an, dass (1) Realnamen das Nutzerverhalten verbessern würden, dass (2) Klarnamen gegen Cyber-Stalking und Cyber-Mobbing helfen und die Täter einfacher greifbar machen würden und dass (3) die Verwendung des echten Namens die Menschen für ihre Aktionen im Internet verantwortlich machen würde {York, 2011}.

Auch wenn diese Argumente nicht ganz von der Hand zu weisen sind: Sie treffen nicht den Kern des Problems. Denn die strikten Klarnamen-Verfechter müssen nicht zeigen, dass die Klarnamen-Pflicht, einen Vorteil hat. Im Gegenteil: Sie müssen zeigen, dass diese Vorteile gegenüber den ernsten und grossen Nachteilen überwiegen {York, 2011}.

Anonymität ist wichtig für die Meinungsäusserungsfreiheit

Die Abschaffung der Anonymität im Internet hat die gleiche Wirkung wie das Vermummungsverbot für Demonstrationen: Durch den chilling effect derartiger Regelungen wird die Meinungsäusserungsfreiheit – zwar nur indirekt, aber nicht minder wirkungsvoll – beeinträchtigt {Leutert, 2001, 23}. Demonstranten, die sich nicht vermummen dürfen, können aus Angst vor persönlichen Nachteilen zurückschrecken und einer Kundgebung fern bleiben; Mitarbeiter, die befürchten müssen, wegen ihrer Kritik an Vorgesetzten oder Geschäftspraktiken nicht befördert zu werden, werden ihre Kritik nicht äussern.

Aus diesem Grund anerkannte etwa der US-amerikanische Supreme Court 1995 in seiner Entscheidung McIntyre v. Ohio Elections Comm’n: «Anonymity is a shield from the tyranny of the majority. […] It thus exemplifies the purpose behind the Bill of Rights, and of the First Amendment in particular: to protect unpopular individuals from retaliation—and their ideas from suppression—at the hand of an intolerant society. The right to remain anonymous may be abused when it shields fraudulent conduct. But political speech by its nature will sometimes have unpalatable consequences, and, in general, our society accords greater weight to the value of free speech than to the dangers of its misuse.» {McIntyre v. Ohio Elections Comm’n, 1995}.

Anonymität beugt Vorurteilen vor

Darüberhinaus gewährleistet die Anonymität bis zu einem gewissen Grad die Vorurteilsfreiheit. Wenn der Verfasser eines Artikels unbekannt ist, besteht nicht die Gefahr, dass die Bewertung des Inhalts durch die Bewertung der Person des Verfassers verfälscht wird – ein Vorteil, den sich beispielsweise viele wissenschaftliche Fachzeitschriften zunutze machen, indem sie die eingereichten Manuskripte anonymisieren und durch anonyme Experten begutachten lassen {Weller, 2001, 207 ff.}.

Zusammenfassung

Das kritikasterblog bleibt anonym. Die Vorteile einer Offenlegung der Identität sind für dieses Blog (1) nicht einschlägig und (2) überwiegen m. E. die möglicherweise dadurch entstehenden Nachteile; zudem sollen auf dem kritikasterblog die Inhalte und nicht die Person des Verfassers im Vordergrund stehen.

Quellenverzeichnis

{Leutert, 2001} — Leutert, Stefan (2001). Das Vermummungsverbot aus polizeirechtlicher und grundrechtlicher Sicht, Bern. Zurück zum Text

{McIntyre v. Ohio Elections Comm’n, 1995} — McIntyre v. Ohio Elections Comm’n 514 U.S. 334 (1995). Zurück zum Text

{Rudin, 2008} — Rudin, Beat (2008). Das Recht auf Anonymität: Anonymität als Teil der informationellen Selbstbestimmung: wenig geregelte Anwendungsfälle und viel Handlungsbedarf. digma, 1: 6–13. Zurück zum Text

{Rudin, 2007} — Rudin, Beat (2007). Datenschutzgesetze – fit für Europa, Zürich. Zurück zum Text

{Weller, 2001} — Weller, Ann C. (2001). Editorial peer review: its strenghts and weaknesses, Medford. Zurück zum Text

{York, 2011} — York, Jillian C. (2011). A Case for Pseudonyms. Abrufbar unter: https://www.eff.org/deeplinks/2011/07/case-pseudonyms. Zurück zum Text